Bei allen Yogahaltungen wird großer Wert auf die richtige Atmung gelegt. Dabei beobachten Sie zunächst Ihre Atmung nur, noch ohne sie zu beeinflussen. So lernen Sie Ihren Atemrhythmus kennen, der sich aus Ihrer Lebensweise, aus Ihren Bewegungsmustern und Gefühlsprägungen entwickelt hat. Verspannte Schultern, ein verspannter Nacken, ein angespannter Bauch behindern den tiefen Atem beispielsweise genauso wie ständige Angst oder lang anhaltender Stress. Im Lauf der Jahre kann sich so eine flache, ungenügende Atemtätigkeit entwickeln, die Ihnen gar nicht mehr bewusst ist und Ihnen vielleicht gerade deshalb gesundheitliche Beschwerden bereitet (zB Spannungskopfschmerzen, innere Unruhe oder nervöse Herzbeschwerden).
Durch die vielfältige Asanas zeigen sich diese Atemmuster zunächst sehr deutlich und mit regelmäßiger Praxis werden sie nach und nach positiv verändert. Achtsames Üben hilft Ihnen herauszufinden, was Sie durchatmen oder den Atem anhalten lässt, wie Sie emotionale Befindlichkeiten mithilfe der Atemtechnik verändern können und wie Sie Blockaden und Widerstände(zum Beispiel Verspannungen und Schmerzen) mithilfe des Atems lösen können. In jedem Fall werden Sie im Verlauf Ihrer Übungspraxis erleben, wie sich die Atemräume Bauch und Brustkorb erweitern und wie Sie dadurch mehr Luft bekommen – und zwar auf körperlicher, emotionaler und mentaler Ebene.
Pranayama – die Atemübungen des Yoga
Die Yogis bezeichnen die Substanz, die wir einatmen, als „Prana“. Diese Urenergie, aus der sich alle Materie entwickelt hat, wirkt im Menschen als Lebensenergie. Als ihr Speicherort gilt das Sonnengeflecht (der Solarplexus), eine Ansammlung sogenannter sympathischer Nervenfasern etwas oberhalb des Nabels – ein Teil des vegetativen Nervensystems.
Die spezielle Yoga-Atempraxis (Pranayama) umfasst Übungen, die nicht nur den Sauerstoffgehalt des Blutes erhöhen und den Abtransport des Kohlendioxids beim Ausatmen der verbrauchten Luft intensivieren, sondern den Körper verstärkt mit Prana, mit Lebenskraft, versorgen.
Intensive Lenkung, Vertiefung und Kontrolle des Atems dienen vor allem
- ganzheitlicher Entspannung durch Harmonisierung des Nervensystems
- der Energetisierung des Körpers durch verstärkte Aufnahme von Prana
- der Öffnung des Bewusstseins für die Meditation.
Die meisten Pranayama-Übungen setzen eine längere Yoga-Praxis voraus. Allerdings erfahren auch AnfängerInnen die positive Wirkung einer vertieften Atmung bereits durch die Asanas.
Atemübungen richtig gemacht
Grundsätzlich gelten für jede der Übungen folgende drei Phasen, die in etwa gleich lang sind:
- das Einatmen,
- das Halten des Atems mit voller Lunge,
- das Ausatmen.
Ein- und Ausatmen erfolgen durch die Nase; der Mund bleibt geschlossen. Während der Übung bleibt die Gesichts- und Nackenmuskulatur entspannt. Halten Sie möglichst die Augen geschlossen oder nur leicht geöffnet und den Blick nach unten gerichtet. Während der Einatmung und des Atemhaltens weitet sich der ganze Rumpf, während der Ausatmung kommen Sie wieder zurück in die
Ausgangsposition. Vermeiden Sie, den Bauch zu stark aufzublähen. Stellen Sie sich vor, dass er sich von alleine mit Atem füllt, wenn Sie die Bauchmuskulatur locker lassen. Das Ausatmen können Sie unterstützen, indem Sie den Bauch leicht einziehen. Führen Sie die Körper- und Atemübungen nicht mit vollem Magen aus. Beobachten Sie aufmerksam die Atembewegung in Ihrem Körper. Diese gelenkte Aufmerksamkeit verstärkt den Energiefluss. Denn auf diese Weise werden sowohl die Sauerstoffaufnahme als auch der Abtransport von Kohlendioxid und damit die Entgiftung verbessert. Beobachten Sie mehrmals täglich einige Minuten lang Ihren Atem. Folgen Sie mit Ihrem Bewusstsein zunächst dem Einatmen durch die Nase bis in die Lunge, nehmen Sie dann bewusst die Atempause als einen Moment der Bewegungslosigkeit wahr und beobachten Sie schließlich beim Ausatmen, wie die Luft Ihren Körper durch die Nase verlässt. Spüren Sie bewusst den kleinen Moment der Ruhe beim Ausatmen.
ATEM SCHÖPFEN – MEHR ALS LUFTHOLEN
Die Atmung ist eng mit den Gefühlen verbunden. Redewendungen wie das „nimmt mir die Luft zum Atmen“, das „lässt mir den Atem stocken“ oder hier kann ich „frei durchatmen“ zeigen diese Verbindung deutlich. Das bedeutet aber auch, dass belastende Gefühle wie Angst, innerer Druck oder depressive Verstimmung mithilfe von Atemübungen positiv beeinflusst oder gelöst werden können.